Sonntag, 23. Dezember 2007

Rube Goldbergs Honda

Da die Bezeichnung Rube-Goldberg-Maschine unter ID-Interessierten ein Begriff sein sollte, ist folgender Werbeclip nicht ganz offtopic. Der US-amerikanische Ingenieur und Cartoonist Rube Goldberg wurde berühmt durch seine gezeichneten Maschinen, die auf geradezu atemberaubend umständliche Weise eine sehr simple Funktion erfüllen. Michael Behe benutzt diese Maschinen in "Darwins Black Box" als Vergleich für bestimmte biologische Konstruktionen, wie die Blutgerinnungs-Kaskade.*

Obwohl an sich suboptimal, stellen Rube-Goldberg-Anordnungen eine besondere Herausforderung für eine postulierte unintelligente, graduelle Entstehung dar.** Da aber mittlerweile sogar für Mausefallen Evolutionsszenarien existieren, sollte ein entsprechendes Szenario für die in diesem Clip gezeigte Maschine ein Leichtes für den fantasiebegabten Evolutionsbiologen sein.

Voilà

* Wobei Behe eher auf die Feinabstimmung der Komponenten miteinander Bezug nimmt, weniger auf den Umstand, dass ein geringer Nutzen mit einem übertriebenen Aufwand erreicht wird. Letzteres spielt für ID eventuell eine Rolle als playful complexity.

** Wenn man annimt, dass Lebewesen letztendlich nur dem Zweck dienen, Duplikate von DNS-Molekülen zu verbreiten, sind sie fast alle Rube-Goldberg-Maschinen. Eine Konstruktion, die beispielsweise Theorien über das Universum austüftelt, Symphonien komponiert oder zum Mond fliegt, nur um im Endeffekt Molekül-Kopien in die Welt zu setzen, stellt wohl jeden Goldberg-Mechanismus beschämt in den Schatten.

Samstag, 15. Dezember 2007

Sexuelle Belästigung zum Wohle der Frau?

Vor knapp drei Monaten schrieb ich einen Beitrag über die jüngste Produktion des Filmemachers Fritz Poppenberg, die sich kritisch mit dem Thema Abtreibung auseinander setzt.

Das Thema 'Abbruch eines beginnenden Lebens' scheint nicht weniger emotional umstritten zu sein als Themen wie 'Beginn und Ursache des Lebens überhaupt'. Über thematische Gemeinsamkeiten und Unterschiede mag man sich streiten; warum ich noch einmal etwas dazu schreibe, ist ein Vorfall vor einer Abtreibungsklinik in Wien, beziehungsweise die entsprechende Berichterstattung darüber.

Auf der katholischen Video-Plattform gloria.tv wurden mehrere Clips (sie auch hier) veröffentlicht, die zeigen, wie Lebensschützer von engagierten Schauspielern auf zum Teil makabere Weise bedrängt werden. Einige dieser Aktivitäten kann man wohl ohne weiteres als sexuelle Belästigung sehen. Interessant ist das daraufhin in Gang gesetzte mediale Echo.

Einige Meldungen zu dem Vorfall erwähnen, dass gloria.tv in Moldawien betrieben werde, "außerhalb der EU mit ihren Persönlichkeitssschutzregeln". Das tut natürlich schon einmal sehr viel zur Sache. Der Betreiber der entsprechenden Klinik gibt zwar laut Standard zu, aus "Gründen der Gegenwehr" "immer wieder Schauspieler engagiert" zu haben, "um die Abtreibungsgegner von ihrem Tun abzuhalten." Das Video sei jedoch "offensichtlich manipuliert" (!) und stelle "einen verzweifelten Versuch religiöser Fanatiker dar, die Tatsachen auf den Kopf zu stellen". Sechs Tage später liest man: "Die Bilder, die auf der Internetseite gloria.tv veröffentlicht wurden und zeigen, wie die HLI-Demonstranten körperlich belästigt wurden, seien „bedauerliche Ausnahmen“." Ah ja...

Die ORF-Sendung "Thema" widmete sich dem Vorfall dann am 10. Dezember ebenfalls. In das Interviews eines Lebensschutz-Vertreters wird kurz und suggestiv die Großaufnahme eines Nagels in den Füßen einer Jesus-Figur geschnitten. Eine Französin, in deren Heimat "Der Versuch, eine Frau von einem Schwangerschaftsabbruch abzubringen, [...] mit bis zu 30.000 Euro Geldstrafe oder bis zu zwei Jahren Haft geahndet" (wienweb) wird, steht kopfschüttelnd vor Fotos von Embryos. Der Subtext dieser Berichterstattung ist mehr als klar: Selbst wenn die veröffentlichten Aufnahmen echt sein sollten (was grundsätzlich bezweifelt wird, Moldawien und so) ... selbst schuld! Wer versucht, Frauen von ihrem Recht auf Schwangerschaftsabbruch abzubringen, dem geschieht sexuelle Nötigung ganz recht. Die engagierten Schauspieler sind zwar nicht ganz billig, aber für den Klinikbetreiber fest steht: "Mit jedem Schwangerschaftsabbruch rette ich das Leben einer Frau."

Man kann sich fragen, was in einer Gesellschaft schief läuft, die glaubt, Frauen das Leben zu retten, indem sie deren Schwangerschaft beendet. (Das Wort Abtreibung wird hier meist bewusst vermieden, Schwangerschaft klingt eher wie ein körperlicher Zustand, den man abstellen kann) Ob man den Aktionen der Lebensschützer positiv gegenüber eingestellt ist oder nicht, erschreckend ist hier der Gleichklang der Medien. Niemand hinterfragt ernsthaft, ob Frauen wirklich umfassend über das Thema aufgeklärt und beraten wurden, was allein schon bei der großen Zahl von Teenagerschwangerschaften eine interessante Frage wäre. Und niemand scheint genau wissen zu wollen, ob ein Gynäkologe Schauspieler engagiert, um Frauen und Männer sexuell zu nötigen. Die wenigsten Seiten verlinken überhaupt zu dem entsprechenden Filmmaterial. Ähnlich wie bei ID (da zum Glück noch nicht in dieser Form) scheint bei vielen Toleranz und Mitgefühl dort zu enden, wo andere "religiös motiviert" sind.

Sonntag, 2. Dezember 2007

Kleine Rätselfrage:


Was verschwindet, wenn man es (evolutionär) erklärt?




Wer noch etwas darüber nachdenken möchte, sollte ab hier erstmal nicht weiterlesen. ;)






Die Antwort ist: Altruismus. Selbstloser Einsatz für andere, sogar völlig fremde, auch unter Gefahr für das eigene Leben. Ein Wort, das das sehr treffend bezeichnet, ist das griechische Wort Agape, das in den christlichen Schriften der Bibel vorkommt und als uneigennützige, schenkende Liebe übersetzt werden kann.

Schon Darwin hatte seine Probleme mit dem Altruismus. Seiner Vorstellung nach erklärt er sich im Tierreich vor allem durch Blutsverwandtschaft. Arbeitsbienen zum Beispiel, die sich für ihren Bienenstock opfern, schützen ihre Blutsverwandten und verhelfen damit indirekt Kopien der eigenen Gene zur Fortpflanzung. William D. Hamilton, den viele als Darwin des 20. Jahrhunderts bezeichnen, widmete sich dem Problem Altruismus und berechnete mit Formeln dessen Wahrscheinlichkeit und Nützlichkeit.

Altruismus unter Tieren mag in dem Sinne vielleicht noch erklärbar sein, der Wert menschlichen Altruismus' definiert sich jedoch gerade über Begriffe wie Freiwilligkeit. Hätte man einen Film über Oskar Schindler gedreht, wenn er nur aufgrund eines biologischen Imperativs so gehandelt hätte, wie er gehandelt hat, der sich für irgendwelche Gene als nützlich erwiesen hat? Bedingungslose, uneigennützige Liebe wäre eben nicht mehr bedingslos und uneigennützig, wenn sie irgendwo versteckt doch an irgendwelche Bedingungen und einen, wenn auch indirekten Eigennutz geknüpft wäre. Ein Erklären im Sinne darwinscher Modelle kommt hier einem Wegerklären, einem Zerstören gleich.

Aus rein wissenschaftlicher Sicht mögen solche ethischen Erwägungen irrelevant sein, trotzdem ergibt sich bei dieser Betrachtung letztlich das Bild einer Theorie, die ein Problem mit Selbstlosigkeit und Güte hat und sie aus ihrem Weltbild entfernen möchte. Und die jedem, der glaubt, selbstlos zu handeln, potentiell
unterstellt, letztendlich doch nur eigennützig zu sein. Das ist einer dieser Gründe, warum ich Wissenschaftler nicht verstehe, die nicht das geringste Problem zwischen Evolutionstheorie und christlichem Glauben sehen.*


** Francis Collins hält zwar beispielsweise Altruismus nicht für darwinistisch erklärbar, was aber letztlich auch daraus hinaufläuft, dass man der Darwinschen Theorie die Erklärungsmacht abspricht, die sie für sich einfordert. Bis zu welchem Grad man das macht, wenn man es eh schon macht, scheint wohl eine Frage der persönlichen Konsequenz zu sein.