Montag, 23. März 2009

Mutation ist mein Geschäft, Liebling

Wie erwartet treibt der Boulevard-Darwinismus in diesem Jahr sonderbare Stilblüten. Ein schönes Beispiel lieferte die Süddeutsche kürzlich. Unter der Überschrift "Polonaise statt Sex" heißt es:

"Evolution sei doch "bloß eine Theorie" und nicht bewiesen, behaupten noch immer viele Skeptiker."


Ah ja... Bei solch tollen Einleitungen sieht man förmlich Helmut Markwort vor sich, wie er sich das dichte Haar rauft und "Fakten! Fakten! Fakten!" ruft. Wer genau behauptet was genau, wann, wie, wo und warum, und welche Quelle belegt das? Eigentlich Grundschule für Journalisten, aber beim Hassthema Kreationismus werden offenbar immer wieder die einfachsten Grundregeln seriöser Berichterstattung vergessen.

Das supertolle Beispiel für "Die Evolution", das unseren nebulösen Skeptikern nun die Sprache verschlagen soll, ist ein Experiment an Fruchtfliegen, bei dem der Experimentator nur diejenigen Fliegen überleben ließ, die sich bei der Futtersuche schlauer anstellten. Und siehe da, Abrakadabra, nach zwei dutzend Generationen waren die Fliegen schlauer. Aber natürlich funktioniere das in der freien Wildbahn nicht so, denn da gibt es ja keinen Mann im weißen Kittel, der die Selektion vornimmt.

So weit, so spektakulär. Mein absoluter Lieblingssatz ist jedoch folgender:

Die Fruchtfliege Drosophila melanogaster könnte darüber nur verwundert ihr mit Antennen bewehrtes Haupt schütteln. Für das winzige Insekt ist Evolution das Alltagsgeschäft im Dienste der Wissenschaft.


Genau. Fliegen würden Darwin lesen. Tatsächlich wurden in über hundert Jahren Milliarden dieser Insekten verstümmelt und zerschossen, und das mit fragwürdigem Erfolg. Ob die Fliege tatsächlich ihre Antennen (oder was sie sonst noch alles am Kopf hat) über diejenigen schütteln würde, die (Makro)-Evolution anzweifeln? Auf jeden Fall eine hübsche Idee für ein T-Shirt-Logo, oder ähnliches:


Freitag, 13. März 2009

Nun doch: Überschwappen britischer Verhältnisse!

Wie bereits befürchtet, sind die fragwürdigen Aktionen britischer Atheisten nun auch zu uns nach Deutschland herübergeschwappt!

grenz|wissenschaft-aktuell schreibt:

In ihrer Erklärung auf der extra eingerichteten Homepage "Buskampagne.de" erläutert die Interessengemeinschaft aus der (unter Berufung auf den Humanismus auftretenden) Giordano Bruno Stiftung, dem deutschen Ableger der Naturalisten-Vereinigung "The Brights" (zu deutsch: "Die Gescheiten" - von dieser Übersetzung des ursprünglichen englischen Adjektivs "bright", distanzieren sich allerdings die deutschen "Brights" und verweisen darauf, dass der Namen "Brights" lediglich als "Eigenbegriff, der allenfalls mit 'Naturalist' zu übersetzen ist." [sic!]) und dem Internationalen Bund der Konfessionslosen und Atheisten e. V. (IBKA), dass "auch hierzulande säkulare Menschen mittlerweile genug davon [haben], ständig 'übersehen' oder missachtet zu werden. Als Anfang sollen in drei Städten (Berlin, Köln und München) Busse beschriftet werden, die öffentlich bekunden, dass eine nicht-religiöse, aufgeklärte Weltsicht eine positive Möglichkeit darstellt. Nicht-Religiöse, Agnostiker und
Atheisten sollen wahrnehmen können, dass sie nicht alleine sind.

Während die Umbenennung von Feiertagen damit begründet wird, dass die Gläubigen in der Minderzahl sind, wird das teure Plakatieren von Bussen damit begründet, dass die Ungläubigen in der Minderzahl sind. Ah ja... Da fragt man sich: Wer stellt denn nun eigentlich die Mehrheit dar?

In Zeiten von Wirtschafts- und Finanzkrisen ist es auch interessant, wofür der gebeutelte Bürger sein Geld spenden soll (und vermutlich auch wird).

Eine ebenfalls sehr interessante Meldung auf grenz|wissenschaft-aktuell weist auf einen Gesetzesvorschlag hin, "der es sowohl Gläubigen wie auch Atheisten ermöglichen soll, erfolgreich gegen das Aufstellen von Glaubenssymbolen aber auch gegen blasphemische Symbolik im öffentlichen Raum und Gebäuden zu klagen".

Werden Gruppen wie die "brights" dieses Gesetz nutzen, um gegen quasi-christliche Symbolik wie nachfolgende im öffentlichen Raum vorzugehen?


Mittwoch, 11. März 2009

Gehirne im Drei-Viertel-Takt

Beim Durchblättern einer älteren Ausgabe von bild der wissenschaft (3/2008) fiel mir wieder einmal besonders der Leserbrief-Bereich auf. Reaktionen auf den Artikel "Zeit ist nur eine Illusion" in Heft 1/2008. Sechs Meinungen zu diesem elementaren und - möchte man meinen - polarisierenden Thema. Aber alle sechs teilen einhellig die Schlußfolgerung der Titelgeschichte: Zeit ist nur eine Illusion. Hat die Zeitschrift die gegenteiligen Meinungen nicht abgedruckt oder gab es gar keine?

Einer bringt Kant ins Spiel, ein anderer Kassandra, der nächste führt Verschränkung in der Teilchenphysik als Beweis an, auch ein Modell zur speziellen Form des zeitlosen Block-Universums wird vorgetragen. Schade eigentlich. Immerhin steht einiges auf dem Spiel. Ist die Zukunft bereits geschrieben, wie ein Film, der nur noch durch den Projektor rattert, sind wir sozusagen nur die 'new kids in the block', kann man sich wohl getrost von Gedanken wie Entscheidungsfreiheit, Moral, Verantwortung und Co. verabschieden. Warum sich dann beispielsweise noch für die Umwelt stark machen? Das Schicksal der Umwelt steht doch bereits seit jeher fest.

Yes, we can? No, we can´t...

Dienstag, 10. März 2009

Lyrische Versuche, Vol. 1

Neben meiner Bloggertätigkeit schreibe ich unter anderem hin und wieder auch Gedichte. Hier mal eins davon, dass sogar mehr oder weniger in die Thematik des Blogs passt, und durch Fotos diverser Prominenter inspiriert wurde:


Ein Schoßhündchen beschwert sich

Du kraulst meinen Nacken,
Bindest Schleifchen ins Haar.
Strickst mir rosa Jacken.
Bin dein Accessoire.

Dein hohles Getue, deine Langweiligkeit,
Es färbt auf mich ab und ich gähne.
Und ich denke zurück an vergangene Zeit,
Nach der ich mich jetzt so sehr sehne...

Die Steppe war unser, die Wälder, die Erde!
Ein Revier bis zum Horizont!
Zu groß war uns keine Herde,
Wir liebten den vollen Mond!

Ich pflegte Wolf zu sein, zu jagen,
Zu heulen aus voller Kehle!
Und Wildheit stolz im Herzen zu tragen,
Unzähmbarkeit in der Seele...

Doch außer dem Heulen blieb gar nichts zurück.
Heut´ heule ich heimlich, und auch bei Tage.
Wegen dir, deinem dummdreisten Blick,
Den ich schon lang nicht mehr ertrage.

Ihr habt mich gezüchtet, meine Gene verbogen.
Habt vergewaltigt meine Natur.
Entwicklung nennt ihr das jetzt verlogen.
Ich nenne es anders: Karikatur!

Mein Fell ist gekämmt, meine Zähne zu stumpf.
Mein Kläffen zu hoch, vier ganze Oktaven.
Die Beine zu kurz, baumeln sinnlos am Rumpf
Lab mich an Pralinen statt an Schafen...

Statt Wolf bin ich Wicht,
Zick herum wie ein Nager.
Andere Hunde, sie grüßen mich nicht.
Denken: Welch ein Versager!

Du fütterst mich, doch kennst nicht meinen Schmerz.
Ich vegetiere, zähl´ nicht mehr die Tage.
Ich fresse apathisch, sprech zu meinem Herz:
Kapitulier doch, und nicht mehr schlage!

Donnerstag, 5. März 2009

Es geht auch anders

Nachdem Religionskritiker in den ersten Monaten des Darwin-Jahres eher durch sinnfreien Aktionismus wie teure Plakatkampagnen oder Pläne zum Umfunktionieren von Feiertagen aufgefallen sind, vernimmt man hin und wieder auch vernünftige Stimmen. Wie beispielsweise die auf der Seite des humanistischen Pressedienstes veröffentlichten Thesen für eine aufgeklärte Religionskritik von Armin Pfahl-Traughber, der sich von schlichter Schwarz-weiß-Malerei à la Dawkins und Hitchens distanziert.

Auszug:

1. Eine Auffassung, die Religion lediglich als „Gotteswahn" (Richard Dawkins) versteht oder meint, sie „vergiftet alles" (Christopher Hitchens), kann nicht deren soziale Bedeutung als Erkenntnis-, Identitäts-, Integrations- oder Orientierungsfaktor begreifen und fällt hinter den Stand der Religionskritik von Feuerbach, Marx, Darwin und Freud zurück.

2. Die Annahme, „eine Welt ... in der es keine Religion gibt", kenne „keinen Krieg zwischen Israelis und Palästinensern ... keine ‚Probleme' in Nordirland" (Richard Dawkins), ignoriert, dass Religion nicht für alles Elend und Übel der Welt verantwortlich ist und häufig lediglich als ideologischer Deckmantel für anders motivierte Konflikte dient.

[...]

5. Der Umgang von Atheisten mit Religiösen sollte von den Prinzipien des Kantschen Kategorischen Imperativs* geprägt sein, oder: „Wenn Atheisten nicht von Theisten mit negativen Vorurteilen konfrontiert werden möchten, dann dürfen sie das auch nicht bei Theisten machen" (Michael Shermer).

12. Die bedeutenden Konfliktlinien verlaufen heute nicht zwischen Atheisten und Gläubigen, sondern zwischen Demokraten und Extremisten, Menschenrechtlern und Unterdrückern - was eine Kooperation von atheistischen und religiösen Demokraten gegen Fanatiker der unterschiedlichsten Richtungen möglich und notwendig macht.


Na dann: spread the message! ;)
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* In der Bibel übrigens schon einige Jahrtausende vor Kant formuliert.

Mittwoch, 4. März 2009

pretty in pink

Schlecht für ihr Image? Im Lake Calcasieu in Louisiana wurde ein rosafarbener Albino-Delfin gesichtet. Während rosa Delfine nicht extrem selten sind und beispielsweise im Amazonas vorkommen, ist dieses Exemplar der erste bekannte Albin in der Gattung "Großer Tümmler". Zudem ist das Pink intensiver als bei anderen Albino-Delfinen.



Erst 2003 starb im Zoo von Barcelona der einzige bekannte Albino-Gorilla Snowflake.
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Wenn Delfine Rosa tragen