Mittwoch, 20. Oktober 2010

Zunahme von Krebs in der Neuzeit?

Laut einer Studie von Rosalie David und Michael R. Zimmerman ist Krebs erst seit circa 200 Jahren zu einer Haupttodesursache für Menschen geworden. (siehe auch hier oder hier) Im Zuge dieser Studie wurden vor allem Mumien und fossile Knochen auf Hinweise auf Tumoren untersucht, aber auch umfangreiche historische medizinische Aufzeichnungen. Eine mögliche Schlußfolgerung daraus wäre, dass Krebs eine Begleiterscheinung gewisser Aspekte der Zivilisation ist, wie Ernährung oder Umweltverschmutzung. Ersteres liegt auch insofern als Erklärung nahe, dass auch bei Bewohnern bestimmter Regionen weniger Krebserkrankungen vorkommen, wie beispielsweise Okinawa. Da Krebs vermutlich durch Kopierfehler in den entsprechenden Zellen entsteht, oft auch durch angeborene Mutationen, wäre eine andere Schlußfolgerung eine allgemeine zunehmende Anhäufung von ebensolchen Kopierfehlern im Lauf der Menschheitsgeschichte.

Samstag, 16. Oktober 2010

vorübergehend ausgestorben

Darwinsche Evolution wird oft und gern als Naturgesetz bezeichnet, der alle fortpflanzungsfähigen Wesen ständig unterworfen sind, sobald sie - irgendwie - ins Dasein gekommen sind. Etwas weniger gut in dieses Bild passen Arten, die sich seit erdenklichen Zeiten praktisch nicht verändert haben, oder sogar seit Millionen von Jahren nicht mehr im Fossilbericht auftauchten und deshalb als ausgestorben galten, wie sogenannte Lazarus-Taxa.

Entsprechend ratlos war man, als man 1938 den Quastenflosser entdecke, der sich vor rund 70 Millionen Jahren aus dem Fossilbericht verabschiedet hatte. James Smith, der den 1938 vor Südafrika gefangenen Fisch als Quastenflosser erkannte, schrieb beispielsweise: „Ich wäre kaum erstaunter gewesen, wenn ich auf der Straße einem Dinosaurier begegnet wäre“. Horace Ship widmete dem Quastenflosser ein kleines Gedicht:

There lived a happy Coelacanth
In dim, primordial seas;
He ate and mated, hunted, slept,
Completely at his ease.

Dame Nature urged: "Evolve!"
He said: "Excuse me, Ma'am,
You get on with making Darwin,
I'm staying as I am."

The fishes changed their fishy shapes,
The reptiles stormed the land,
The algae turned to trees, the apes
To men, we understand.

The Coelacanth remained
A monster and a myth;
He said: "There's nothing to be gained
By my becoming Smith."

Der Fisch blieb in der öffentlichen Wahrnehmung tatsächlich "a monster and a myth". 1958 diente er beispielsweise als Aufhänger für einen der typischen Monster-Horrorfilme dieser Dekade: Monster on the Campus, auf deutsch Der Schrecken schleicht durch die Nacht. Dort haben die Zellen des Fisches, die der "Kraft der Evolution" trotzen konnten, auf andere Lebewesen eine rückbildende Wirkung.


Die Liste vermeintlich ausgestorbener Tiere und Pflanzen ist recht lang, darunter der Urwelt-Mammutbaum (seit der Kreidezeit nicht mehr nachweisbar, 1941 wiederentdeckt), der Glanzsittich, kanarische Rieseneidechsen, das Chaco-Pekari oder die neuseeländische Takahe-Ralle. Während man diese Evolutions-Verweigerer Ende des 19. und Anfang des 20. Jahrhunderts noch als arme und träge Verwandte sah, an denen der allgemeine Fortschritt vorübergegangen war, werden sie heutzutage oft als "Erfolgsmodelle" der Evolution bezeichnet; sie wurden praktisch von Problemfällen zu Helden der Evolution um-interpretiert.

Interessant dabei ist auch, dass fast alle diese "wiederauferstandenen" Lebewesen der jeweiligen einheimischen Bevölkerung schon lange gut bekannt waren, wie bereits der Vater Kryptozoologie, Bernard Heuvelmans, bemerkte. (Der Quastenflosser war beispielsweise als Speisefisch bekannt, während man seine Schuppen zum Schmiergeln verwendete) Interessant insofern, dass es auch heute noch Wesen gibt, die detailiert von Einheimischen beschrieben werden, jedoch noch nicht wissenschaftlich erfasst wurden, darunter auch spektakuläre Tiere wie der afrikanische "Mokele-mbembe". Wenn der Quastenflosser und andere den Kreide/Tertiär-Impact gut überstanden haben, warum dann nicht auch soetwas...

Dienstag, 5. Oktober 2010

Von Science-Fiction zu Teleo-Fiction

Gastbeitrag von Markus Rammerstorfer


Eine teleologische Hypothese zur Zukunft des Menschen im Weltall und der Existenz bewohnbarer Planeten außerhalb unseres Sonnensystems

Dieser Gastbeitrag basiert auf einem Diskussionbeitrag und der anschließenden Debatte unter http://www.scifi-forum.de/science-fiction/scifi-allgemein/56094-mensch-einst-universum-wandeln-teleologisches-argument.html (Mai 2009). (Für weiterführende Argumente und Einwände empfiehlt es sich den dortigen Thread zuerst zu studieren.) Hier wird auf Basis einer teleologischen Hypothese argumentiert, dass der Mensch eines Tages Zugang zu einer Antriebstechnologie haben wird, die die Überbrückung interstellarer Distanzen ermöglichen wird. Er wird dabei auf für intelligentes Leben geeignete Planeten stoßen (zumindest aber auf terraformbare Planeten).



Rein technisch gesehen gibt es derzeit wenig Anlass optimistisch zu sein, wenn es um die Frage geht, ob der Mensch jemals ferne Sternensysteme oder gar Galaxien erreichen wird.

Die Entwicklung der Raumfahrt in den letzten Jahrzehnten konnte keinesfalls mit der technischen Entwicklung in anderen Bereichen (z.B. Informatik, Kommunikationstechnologie, Halbleitertechnik, …) mithalten. Während sich in der Computertechnik die Leistung der Prozessoren in regelmäßigen Abständen verdoppelt und vervielfacht, lahmen etwa unsere Raketen und Triebwerke immer noch. Die großen Zukunftsvisionen der Raumfahrt, plastisch und
farbenfroh in populärwissenschaftlichen Veröffentlichungen geschildert, sind weitgehend der Ernüchterung gewichen.

Realistische zukünftige Antriebsmöglichkeiten reichen allenfalls für Bewegungen innerhalb unseres Heimatsystems. Selbst nahe gelegene Sternensysteme scheinen nicht oder wenn doch nur unter horrendem Risiko und Aufwand erreichbar. Der Zugang zum Weltall scheint dem Menschen durch technische und vor allem physikalische Grenzen versperrt.


Im Prinzip gibt es keine Veranlassung zu glauben, dass der Mensch auch nur im Prinzip die Möglichkeit hat, sein Eckchen im Universum jemals zu verlassen. Im Gegensatz zu den Ozeanen unserer Welt könnte es sein, dass sich das All als unüberwindbare Hürde für jedes Bestreben neue Welten zu erreichen herausstellt.

Das widerspricht dem Geist des SF-Genres und den Jugendträumen einer ganzen Generation (inklusive meiner eigenen). Somit fällt es sicher schwer, die eben formulierten Ansichten zu akzeptieren. Sollte man also den Glauben an das Raumschiff Enterprise so aufgeben, wie viele den Glauben an den Weihnachtsmann aufgegeben haben?


Ich denke es gibt einen Grund für Optimismus, der nicht auf naive Technikgläubigkeit oder schlicht das unbegründete Festhalten an SF-Traumwelten hinausläuft.

Der Mensch wird eines Tages interstellare oder sogar intergalaktische Distanzen überwinden und das bei vertretbaren zeitlichen / technischen Aufwand und Risiko, weil:

a) das Universum fein auf intelligentes Leben hin abgestimmt ist.

b) der Mensch eine Position im Universum besetzt die nicht nur seine Existenz sondern auch eine Erforschung des Weltraums ermöglicht.

c) … woraus folgt, dass es mit hoher Wahrscheinlichkeit eine Möglichkeit gibt, das All zu bereisen ohne irgendwelche Gerätschaften benutzen zu müssen, die nur im SF-Genre funktionieren.

a) Steht für das Kosmologische Argument für Design (Anthropisches Prinzip), welches auf der Beobachtung beruht, dass die Existenz eines geordneten, stabilen und sogar lebensfreundlichen Universums von unzähligen Parametern abhängt, die alle exakt stimmen müssen ('Kosmische Feinabstimmung') Siehe z.B. Barrow/Tipler: The Anthropic Cosmological Principle, Oxford University Press und Ward/Brownlee: Unsere einsame Erde: Warum komplexes Leben im Universum unwahrscheinlich ist, Springer-Verlag. Diese im Prinzip uralte aber durch aktuelle Forschungsergebnisse enorm bestärkte Sichtweise wird seit Jahrtausenden mit der Vorstellung kritisiert, es gebe viele Universen, womit sich die Unwahrscheinlichkeit unseres eigenen durch einen Beobachtereffekt ('klar ist das Universum wie es ist, sonst wären wir ja nicht hier') erkläre.

b) Hier wird das anthropische Prinzip weitergeführt und behauptet, dass das Universum nicht nur auf intelligentes Leben hin gerichtet ist, sondern der Mensch darüber hinaus das Privileg genießt, an einem Standort zu existieren, der auch die Erforschung des Alls und auf Himmelsbeobachtungen beruhenden wissenschaftlichen Fortschritt ermöglicht. Vor ein paar Jahren wurden dazu erstaunliche Hinweise angeführt, siehe Gonzalez/Richards:The Privileged Planet: How Our Place in the Cosmos Is Designed for Discovery, Regnery/Gateway Damit fällt auch die Glaubensüberzeugung der Gründer der modernen Naturwissenschaft zusammen, nach deren Meinung der Mensch – geschaffen 'in imago dei' (gottesebenbildlich) – die Fähigkeit hat, die Welt rational zu verstehen und dass das Universum in einer Weise strukturiert ist, die es dem menschlichen Verstand zugänglich macht. Menschlicher Verstand und Universum harmonisieren in dieser Sichtweise; der Mensch hat weit mehr mentale Fähigkeiten als für Angelegenheiten des täglichen Überlebens nötig wären.

c) In diesem Sinne – wenn das Universum tatsächlich auf intelligentes Leben hin gerichtet ist und unser Platz im Kosmos tatsächlich so eingerichtet wurde, dass er Entdeckungen und wissenschaftlichen Fortschritt fördert oder erst ermöglicht, bzw. auch der Mensch mit den nötigen verstandesmäßigen Fähigkeiten ausgestattet wurde -, kann man optimistisch sein, dass uns der Zugang zum All nicht prinzipiell versperrt ist. Man kann davon ausgehen, dass der menschlichen Neugierde keine Grenzen gesetzt wurden, denn das würde der Prämisse b) – Begünstigung von Forschung und Wissenschaft – eher widersprechen. Kurz: Irgendwo im Bauplan des Universums ist eine oder sind mehrere Möglichkeiten versteckt, es zu bereisen ohne den heute so überwältigend erscheinenden Begrenzungen zu unterliegen.


Rein technisch-physikalisch gesehen gibt es derzeit keinen Anlass zu vermuten, dass der Mensch jemals über das Sonnensystem hinaus aktiv werden wird.
Teleologisch gesehen – im Rahmen eines erweiterten anthropischen Prinzips – liegt dagegen nahe, dass das Universum dem Menschen prinzipiell zugänglich ist und es einen Weg zu den Sternen gibt.

Auf Basis meiner teleologischen Hypothese vermute ich zudem, dass es möglich sein wird bewohnbare oder terraformbare Planeten zu finden. Weniger weil alles andere „Platzverschwendung“ wäre, sondern weil, wenn c) ein Weg zu den Sternen bereitet wurde, man d) auch davon ausgehen darf, dass dort einige Schätze versteckt wurden – bewohnbare Planeten, neue Welten sind nahe liegend. Ich glaube sogar, dass es nicht so schwer sein wird, bewohnbare Planten zu finden, wenn man erst einmal weiß wo man nicht suchen muss (Arbeiten wie die von Ward/Brownlee oder Gonzalez sind ein Schritt in diese Richtung). Wenn man die Besonderheiten unseres Sonnensystems und der Erde und ihrer Position versteht, kann man daraus ableiten wo sich die Suche nach einem für komplexen Leben geeigneten Planeten erfolgversprechend ist.