Donnerstag, 24. März 2011

Licence to Kill

Gestern hat mich eine Nachricht erstaunt: Versuchter Mord: Arzt zu zehn Jahren Haft verurteilt. Der verurteilte Arzt hat laut Anklage seiner schwangeren Freundin blutverdünnende Mittel in den Tee gemischt, um ohne ihr Wissen eine Abtreibung herbeizuführen. Seit wann werden denn Abtreibungen als Morde gewertet? Laut "Pro Familia"-Veröffentlichungen (man kann die Anführungszeichen eigentlich gar nicht groß genug machen) wird da lediglich Schwangerschaftsgewebe entfernt. In der feministischen Tradition wird das unbeborene Kind sogar gern als Parasit, der auf Kosten der Frau lebt, gesehen. (O-Ton Simone de Beauvoir, Vorbild von Alice Scharzer und Co.)

Wenn eine Abtreibung ohne das Wissen der Mutter als Mord bewertet wird, stellen sich schon merkwürdige Fragen. Ist es nicht grundsätzlich Mord, sondern nur, wenn es nicht auf einer freien Willensentscheidung der Mutter beruht? Dann hätte die Mutter also quasi die Lizenz zum Töten...

Freitag, 4. März 2011

Die reine Lehre

Zur Zeit scheint der Fall Guttenberg(s) Deutschland ziemlich leidenschaftlich in Anhänger und Gegner zu spalten. Ich möchte ihn nicht auf Biegen und Brechen verteidigen; mit den Vorwürfen hab ich mich auch nicht im Einzelnen beschäftigt. Offenbar lag bei seiner Doktorarbeit einiges im Argen, was einen Rücktritt meiner Meinung nach auf jeden Fall rechtfertigt. Ich denke, in den meisten anderen beruflichen Tätigkeiten würde soetwas ebenfalls eine Kündigung nach sich ziehen.

Wenn aber beispielsweise ein Chirurg entlassen wird, weil es begründete Zweifel an seiner wissenschaftlichen Ausbildung gibt, wird er zwar einen gewissen Reputationsverlust in seinem sozialen Umfeld erleben, aber das ist mit Sicherheit kein Vergleich zu dem, was Guttenberg gerade widerfährt. Selbst der berüchtigte mittelalterliche Pranger mit Eiern und Tomaten erscheint dagegen wie ein Scherz unter Kindern. Von einem ganzen Land als Witzfigur abgestempelt zu werden ist bereits eine Strafe, die dem eigentlichen Vergehen nicht gerecht wird. Zumal unser Rechtssystem stolz darauf ist, selbst schlimmsten Verbrechern gewisse Menschenrechte zuzubilligen. Selbst mehrfache Kindermörder dürfen vor Gericht ihr Gesicht mit Pullovern, Aktenordnern, Alditüten oder was auch immer verbergen, während Guttenberg für unkorrektes Zitieren am nationalen Pranger steht. Ich denke nicht, dass ein Ministeramt oder eine gewisse (subjektiv empfundene) Arroganz das rechtfertigen. In den meisten Talkshows wird nicht mit ihm sondern über ihn geredet. Und auch die meisten deutschen sogenannten "Comedians" zeigen in solchen Fällen, dass ihre Subversivität nur aufgesetzt ist, und sie tatsächlich sich dem Zeitgeist anbiedernde Hofnarren sind. Alles andere könnte ja auch Quote kosten.

Auffallend ist auch, dass es fast immer Konservative sind, die hierzulande wie die Sau durch´s Dorf gejagt werden, wenn man beispielsweise an Thilo Sarrazin oder Eva Herman denkt. Nicht weit ist dabei dann auch stets die Unterstellung nationalsozialistischen Gedankenguts. Im Fall Guttenberg waren es immerhin die gastfreundlichen Schweizer, die die "blinde Gefolgschaft" von Guttenberg-Verteidigern an Hitler (!) erinnert. (Die Hitler-Guttenberg-Parallelen)

Scheinheilig wirken auch die Proteste von Studenten. Warum protestiert eigentlich niemand gegen die Universität Bayreuth? Immerhin sollte man bei summa cum laude schon etwas genauer prüfen. Ein paar Zitier- und andere Regeln machen den Wissenschaftsbetrieb wohl auch nicht ehrbarer als andere menschliche Unternehmungen. Man denke da nur an Ernst Haeckel, den Guttenberg der Evolutionsbiologie, dessen vorsätzliche Fälschungen von Embryonendarstellungen noch bis in die Gegenwart hinein nachgedruckt wurden. Mit einer ebensolchen großzügigen Nachsicht sollte für Guttenberg auf jeden Fall noch der Bundeskanzler drin sein...